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Bienen, Bienen, Bienen. Einmal dabei lässt einem dieses Thema nicht mehr los ;-) Wenn man sich mit Bienen beschäftigt, muss man sich mit seiner Umwelt beschäftigen. So ist das nunmal. Ohne Umwelt keinen Bienen. Und ohne Bienen keine intakte Umwelt. Beim diesjährigen Bienenfachtag in Ebersbach (veranstaltet vom Verein Lebens(T)räume e.V.) wurde wieder einmal mehr klar, das noch viel zu tun ist, um Bienen, Mensch und Umwelt wieder in Einklang zu bringen und es wurde sehr deutlich, das es ohne Bienen nicht gut für unsere Umwelt und auch für unsere Landwirtschaft aussieht. Interessante Vorträge waren angekündigt und ich freute mich schon seit Langem auf diesen Tag!

Bienenfachtag Neugersdorf 2014

Dieses Jahr waren bestimmt mehr als doppelt so viele Menschen anwesend als im letzten Jahr. Das zeigt, das  Bienen und die damit verbundenen Themen so langsam in der breiteren Bevölkerung angekommen zu sein scheinen und Informationsbedarf besteht. Wunderbar!

Bienenfachtag Neugersdorf 2014

Franziska Schubert, Mitinitiatorin des Bienenfachtags, eröffnete die Veranstaltung und stellte kurz das Projekt „Bienenfreundliche Stadt Neugersdorf-Ebersbach“ vor.

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

In Neugersdorf wurden Industriebrachen zu Blumenwiesen und Bienenweiden umgewandelt und Bienen angesiedelt. Ein super Projekt, wie ich finde, was noch viel mehr Nachahmer finden sollte. Brach liegende Flächen gibt es in jeder Stadt und in jedem Dorf – eine Begrünung mit Bienenweiden und Blumenwiesen könnte dort maßgeblich zum Erhalt und zur Förderung von Wildinsekten und Bienen beitragen! Mehr Informationen zum Projekt „Bienenfreundliche Stadt“ gibt es auf der Website des Vereins: LINK

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

DenVortragsreigen eröffnete Dr. Radtke vom Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. mit einem Vortrag zum Thema  „Faszination Bienen – fleißige Helfer im Garten pflegen:   Ökonomische und ökologische Bedeutung der Bienen sowie ihre Gefährdung beim Bestäubungseinsatz durch Pflanzenschutzmittel. Wie kann ich Bienen und Natur helfen?„.  Der Vortrag bot einen schönen Einstieg in das Thema mit vielen allgemeinen Informationen über die Bienen, deren Bedrohung durch die Landwirtschaft und die fehlenden Nahrungsquellen – aber auch mit Informationen über die Leistung der Honigbienen! Hättet ihr gewusst, das ein Birnbaum nur 1/10 der Früchte trägt, wenn er nicht durch Bienen bestäubt werden würde? Das sind 90% weniger Ertrag! Ähnlich bei Kirschen und Äpfeln. Schon beeindruckend!

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Im Anschluss hörten wir das Referat von Dr. Matthias Nuss vom NABU (Senckenbergmuseum Dresden Klotzsche) mit dem Thema „Auswirkungen von Pestiziden (Neonikotinoide) auf Bienen und Landschaft – Beschleunigen neuartige Pestizide das Bienensterben?„.

Es ist unglaublich in welchen geringen Dosen Pflanzenschutzmittel giftig für Bienen und Insekten sind. Bereits homöopathische Dosierungen eines bestimmten, bis vor Kurzem noch eingesetzten Pflanzenschutzmittel aus der Reihe der Neonikotinoide führt zu Vergiftungen bei Honigbienen! Diese Konzentrationen liegen teilweise nahe an der Nachweisgrenze, so das spezielle Nachweisverfahren angewendet werden müssen, um diese Gifte in dieser Konzentration überhaupt nachweisen zu können. Glücklicherweise wurden 3 dieser hochgiftigen Stoffe verboten. Es gibt jedoch noch zahlreiche andere Pflanzenschutzmittel auf dem Markt, die ebenfalls bienengefährlich sind, aber weiterhin angewendet werden dürfen. Hoffentlich finden die Forschungsergebnisse von Dr. Nuss Gehör bei den Landwirtschaftsbetrieben und bei der Politik, um der systematischen Vergiftung unserer Umwelt und damit auch unserer Lebensmittel (!) ein Ende zu setzen. Unter diesem Licht sollte man sich auch selbst überlegen, ob man im eigenen Garten Pflanzenschutzmittel einsetzen möchte! Glyphosat im speziellen kommt sehr häufig auch in Kleingärten zur Unkrautvernichtung zum Einsatz – mit verheerenden Folgen für das Bodenleben und für die Insekten, die behandelte Flächen besuchen.  Meine persönliche Bitte an meine lieben Leser: Kein Glyphosat (z.B. Roundup) mehr im eigenen Garten benutzen! Man vergiftet damit nicht nur das Unkraut, sondern letztendlich sich selbst – das Gift wird ins Grundwasser ausgewaschen und gelangt in Flüsse und Gewässer und letztendlich in unsere Nahrungskette. Und Glyphosat gehört definitiv NICHT in den menschlichen Körper! Zumal auch keiner weiß, was das Zeug mit uns veranstaltet. Man bekommt es in jedem Baumarkt. Eigentlich eine große Sauerei.

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Der nächste Programmpunkt stand an. Der Verein „Biene sucht Blüte“ aus Dresden hält einen sehr interessanten Vortrag über Wildbienen, deren Vorkommen und Lebensweisen.

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Henry Schampera von der Naturschutzstation Neschwitz führt uns in die interessante Welt der Wildbienen ein. Er erklärt, wie sie sich vermehren, welche Nistplätze sie benötigen und was man persönlich dafür tun kann, um Wildbienen zu schützen und anzusiedeln. Die Wildbienen haben eine große Artenvielfalt in unseren Breiten. Sie finden jedoch immer seltener Nistmöglichkeiten in der Natur.

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Im Anschluss an diesen Vortrag hatten wir 2 Stunden Zeit, um selbst Wildbienen“hotels“ zu bauen – Nistmöglichkeiten für Wildbienen.  Diese Wildbienenhotels sollen alle in praller Sonne aufgestellt werden.

Die Bienen legen ihre Eier bevorzugt in trockene Stängel (markhaltige sollte man senkrecht aufstellen, hohle Stängel besser waagerecht). Dort schlüpfen noch im Herbst die Nachkommen, überwintern aber geschützt in den Behausungen. Bei den ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling schlüpfen diese kleinen Wildbienen aus ihren Nestern und das Spiel beginnt von Vorne. Da ist auch schon der Knackpunkt: in unseren „aufgeräumten“ Gärten, wo die Stängel der Stauden und Blumen im Herbst fein säuberlich abgeschnitten werden, können – wie man sich jetzt nach diesem Vortrag denken kann – keine Bienen überwintern. Wer etwas für die Wildbienen tun möchte, schneidet seine Stauden und Stängel erst im Frühling ab. So haben die Bienen eine Chance, sich zu vermehren und – meine persönliche Meinung – es sieht einfach besser aus, wenn die Samenstände der Stauden über den Winter noch als Strukturelemente auf den Beeten zu sehen sind. Ich mache das schon seit Jahren so. Spart Arbeit und ist gut für die Insekten ;-) Was will man mehr.

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Hier werden Baumstämme zu Wildbienenbehausungen. Man darf nur ABSOLUT TROCKENES Holz verwenden! Schon die kleinste Feuchtigkeit kann dazu führen, das der Insektennachwuchs verschimmelt. Das wollen wir doch nicht ;-) Die Baumstämme werden idealerweise von der Rinde befreit. Danach bohrt man seitlich (nicht in das Stirnholz!) Löcher mit verschiedenem Durchmesser rein. Die Tiefe richtet sich nach dem Durchmesser des Bohrers und sollte immer 10x so tief sein wie der Bohrer als Durchmesser hat. Beispiel: 1cm Bohrer = 10cm Tiefe). In einen Stamm bohrt man mehrere Löcher mit verschiedenen Größen. Es hat sich bewährt, das Holz mit einem kleinen Dach zu versehen, damit es schön trocken bleibt (einfach ein Holzbrett draufnageln). Dann wird der Stamm an einen trockenen und sonnigen Platz gehängt und schon bald werden die ersten Bewohner einziehen.

Wildbienenhotel im Baumstamm mit Bohrungen

Wichtig ist noch, das man die Löcher gründlich entgratet! Die Wildbienen mögen  saubere Eingänge. Wir haben das mit einem größeren Bohrer gemacht – so entsteht eine abgeschrägte Kante – schön sauber. Weiterhin sollten in den gebohrten Löchern keine Sägespäne drin sein, damit die Bienen problemlos rein und raus krabbeln können.  Danke nochmal an den Verein „Biene sucht Blüte“ – eine fantastische Sache. Der Workshop bot mir viel neues Wissen. Werde jetzt auch selbst einige Wildbienenhäuser bauen und im Garten aufstellen!

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Nistgelegenheit für Wildbienen in Lehm

An einer weiteren Station des Workshops konnte man Sand-Steilwände basteln, in denen einige Wildbienenarten ebenfalls sehr gerne nisten. Ein Lehm-Sand-Gemisch wurde in Kisten gedrückt und getrocknet. Das getrocknete Lehm-Sand-Gemisch sollte nur so fest werden, das man noch mit dem Finger Löcher reinkratzen kann. So können sich die Bienen Nisthöhlen graben und ihren Nachwuchs ablegen. Diese „Lehmwände“ platziert man ebenfalls an möglichst sonnigen Stellen im Garten und die Bienen sollten nicht lange auf sich warten lassen.

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An der dritten Station bastelte man aus Schilf und leeren Blechdosen schöne Insektenhotels, die man z.B. in einen Baum hängen kann. Sehr einfach auch zuhause nachzubasteln.

Wildbienenhotel

So sieht die fertige Wildbienenbehausung aus. In den Hohlräumen des Schilf legen einige Wildbienen ihre Eier ab. Man erkennt, das eine Behausung bewoht ist, an den mit Lehm verschlossenen Röhrchen!

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Viele Teilnehmer des Bienenfachtags bastelten sich eine kleine Wildbienenbehausung für Zuhause.

Bienenfachtag 2014 Neugersdorf

Nach dem Workshop begann der für mich interessanteste Vortrag. Torben Schiffler aus Hamburg, Biologe und Lehrer, berichtete von seinen Forschungen zum Thema:  „Der Bücherskorpion als natürlicher Feind der Varroamilbe –  neuer Hoffnungsträger in der Imkerei?

Literatur zum Bücherskorpion

Wie ja nun jeder mittlerweile weiß, setzt die Varroamilbe unseren Honigbienen derzeit arg zu.  Torben Schiffler hat jedoch rausgefunden, das seit Jahrhunderten in unseren heimischen Bienenwohnungen auch ein Gast zuhause ist – der Bücherskorpion! Und genau dieser Skorpion (der eigentlich gar keiner ist, sondern ein Spinnentier) frisst die Milben! Er pflückt sie sich direkt von den Bienen und lässt sie sich schmecken. Unglaublich, oder? Aber wahr.

Bücherskorpion

So sieht der Bücherskorpion aus. Sehr klein, aber mit 2 Scheren, mit der er seine Beute fängt, festhält, betäubt – um sie nachher genüsslich auszusaugen.

Bienenfachtag Neugersdorf 2014

Der Bücherskorpion hat aber einen Feind: den Menschen. Durch die empfohlene Ameisensäurebehandlung der Bienen bei Varroabefall wurde leider der Bücherskorpion weitgehend ausgerottet. Er stirbt leider schon bei geringsten Mengen Ameisensäure. Haben wir Imker so die Rettung von der Varroamilbe verhindert?

Thorben Schiffler betreibt mit seinem Verein „beenature-project e.V.“ Grundlagenforschung zum Thema Bücherskorpion. Momentan wird an einer geeigneten Bienenwohnung gearbeitet, in der sich die Bienen UND der Bücherskorpion wohl fühlen. Man braucht wohl 150 Bücherskorpione, um den Milbenbefall in einem Bienenvolk unter Kontrolle zu halten! Ganz ohne Chemie. Eine wunderbare Aussicht – wenn Ihr etwas Geld übrig habt, unterstützt ihn bei seiner Forschungsarbeit, die recht viel Geld verschlingt, aber sehr wichtig – und wie ich finde, auch sehr Aussichtsreich ist.

Ich bin gespannt, welche Ergebnisse bei den Forschungen ans Tageslicht kommen – vielleicht kann dieser winzige Bücherskorpion dabei helfen, den Befall mit der gefährlichen Varroamilbe unter Kontrolle zu bekommen – ganz ohne Einsatz von Chemie, die jährlich die Bienen und auch den Menschen stresst.

Im Anschluss an den Bienenfachtag wurde noch ein Film gezeigt. Ich musste jedoch los und konnte ihn nicht mehr mit ansehen. Gibts aber auf DVD ;-)

Der Bienenfachtag fand im Lutherhof in Neugersdorf statt. Man fühlte sich immer gut aufgehoben – wie in einer großen Familie. Es gab zu Essen, Kuchen, Kaffee – alles was man sich wünschte. In den Pausen ergaben sich immer wieder interessante Gespräche mit verschiedenen Menschen, die man vorher nicht kannte. Ein toller Ort und eine tolle Veranstaltung, um sich auszutauschen, Erfahrungen und Ratschläge zu teilen und nicht zuletzt um sich selbst für das Thema Bienen und deren Schutz zu sensibilisieren. Schön, das sich so viele Menschen mit diesem Thema beschäftigen und noch schöner, das es augenscheinlich immer mehr werden.

Ein großer Dank den Veranstaltern und all denen, die diesen Tag möglich gemacht haben. Ich freue mich jetzt schon auf den 3. Bienenfachtag 2015!

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Seit 2006 Kleingärtner mit Passion und Experimentierfreude. Seit 2011 Gartenblogger. Naturnah und erdverbunden. Gewinner des "Mein schöner Garten" Influencer Awards 2022 in der Kategorie "Insektenfreundliches Gärtnern" und seit 2023 Gartenfachberater. Besuche mich auf Instagram und Facebook! Mehr über mich

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